Wegen des Glaubens verfolgt?

Gerade lese ich das EKD-Themenheft über „Reformation und Politik“ und stolpere über einen Satz von Nikolaus Schneider im Vorwort, wo er über die Barmer Theologische Erklärung (von 1934) schreibt, sie habe Stellung genommen, „als Menschen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit verfolgt wurden“.

Das erinnert mich daran, dass ich schon länger skeptisch mit der Formel „Verfolgung aufgrund des Glaubens“ bin, weil sie häufig angewendet wird, wo sie meiner Ansicht nach gar nicht stimmt.

So auch hier. Die Barmer Erkärung richtete sich gegen den Nationalsozialismus, beziehungsweise gegen diejenigen Strömungen in der Kirche, die NS-Ideologie auch für die eigene Institution übernehmen wollte. Zentrales Thema war etwa der kirchliche „Arierparagraph“, also die Frage, ob zum Beispiel Pfarrer oder andere Angestellte jüdischer Herkunft entlassen werden sollen.

Dies ist also ganz offenbar keine Verfolgung wegen des Glaubens oder der Religionszugehörigkeit gewesen. Es ging um evangelische Pfarrer, Diakonissen, Krankenschwestern, Ärzte. Die Nationalsozialisten verfolgten gerade nicht Menschen jüdischen Glaubens, sondern sie verfolgten Menschen jüdischer Herkunft, und zwar explizit ganz unabhängig von ihrem Glauben. Es war eine rassistische Verfolgung, die mit Meinungs- und Religionsfreiheit überhaupt nichts zu tun hatte.

Ich frage mal provokativ: Kann man denn überhaupt wegen des Glaubens verfolgt/diskriminiert werden? Oder: Wird man nicht, wenn es um „Glaubensfreiheit“ geht, fast immer verfolgt/diskriminiert wegen dem, was man tut? Im Unterschied eben zur rassistischen (oder auch sexistischen) Verfolgung, bei der es gar nicht darauf ankommt, was man tut?

Zum Beispiel fand ich es falsch, dass bei der Diskussion um Beschneidung von Jungen vergangenes Jahr von manchen über „Glaubensfreiheit“ gesprochen wurde, denn es ging eben nicht um das Glauben, sondern um das Tun: Das Beschneiden. Unabhängig wie man dazu steht, forderten die Gegner_innen dieser Praxis nicht, dass der „Glaube“ (dass Beschneidung richtig ist) verboten wird, sondern dessen Umsetzung in die Realität.

Ich finde es wichtig, diesen Unterschied zu machen, also sich klarzumachen, dass es bei solchen Auseinandersetzungen eben nicht darum geht, „Glauben“ gesellschaftlich zu bewerten, sondern Handeln.

Niemand kann ja verhindern, dass ich glaube, was ich glaube. Gesellschaftlich relevant wird es erst, wenn das, was ich glaube, sich auf mein Handeln auswirkt. Dann aber ist der „Glaube“ kein Argument mehr, sondern ich muss quasi für das, was aus meinem Glauben an Handeln folgt, säkulare Argumente finden (meines im Fall des Beschneidungsthemas ist zum Beispiel Abwehrrechte gegen die Ausweitung staatlicher Reglementierung von Lebensweisen).

Mich selbst macht es frei, zu wissen, dass mir meinen Glauben ohnehin niemand verbieten kann, sondern es nur darum geht, was ich dann tue und wie ich das vermittle. Natürlich könnte man jetzt sagen, die Möglichkeit, zu glauben, was man will, ist nichts wert, wenn man dann nicht auch entsprechend leben kann, aber da bin ich nicht so sicher.

Denn erstens kann man dann weiter versuchen, andere zu überzeugen. Und wegen des „Gebt des Kaisers was des Kaisers ist“ bin ich von der Notwendigkeit befreit, quasi fanatisch darauf pochen zu müssen, dass die ganze Welt sich unmittelbar hier und heute nach dem richtet, was ich für christlich halte. Ich kann für das werben, was ich glaube, aber mein Seelenheil hängt nicht davon ab, dass ich alle anderen sofort davon überzeugt habe. Wenn der Staat einstweilen andere Gesetze hat, kann ich mich gut erstmal danach richten – und trotzdem etwas anderes glauben und entsprechend dafür werben.

Und damit bin ich bei Zweitens: Man hat eine Wahl. Ich kann wählen, ob ich mich in eine Konfrontation und Auseinandersetzung mit der Gesellschaft begebe oder nicht. Das genau ist der wichtige Unterschied zur Verfolgung der Menschen jüdischer Herkunft im Nationalsozialismus (oder den von Rassismus Betroffenen heute): Sie hatten bzw. haben diese Wahl nicht. Sie konnten so assimiliert sein, wie sie wollten, es hat ihnen nichts genützt. Viele, die ins KZ kamen (zum Beispiel Hilde Schneider) hatten selbst lange gar nicht gewusst, dass in ihrer Familie früher jemand jüdisch war (und sie daher nicht „arisch“).

Jedenfalls ist es sehr wichtig, zwischen Verfolgung/Diskriminierung aus rassistischen Gründen und Verfolgung/Diskriminierung aufgrund einer religiösen Praxis zu unterscheiden, zumindest für die Betroffenen, denn es ergeben sich daraus völlig unterschiedliche Handlungsoptionen und Gefährdungspotenziale.

21 Kommentare zu „Wegen des Glaubens verfolgt?

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  1. Zitat: „Denn erstens kann man dann weiter versuchen, andere zu überzeugen.“
    a) Wieso beinhaltet Glaube einen Missionstrieb? (Jetzt ja auch wieder angestachelt durch diese Papstrede in Brasilien)
    b) Ist das nicht der erste Schritt zur (Un-)Glaubensverfolgung?

    1. @rhanar – Naja, das ist ja nichts spezifisch Religiöses, sondern gilt doch generell: Wenn ich etwas richtig finde, versuche ich, andere auch davon zu überzeugen. Zum Beispiel würde es mir ja auch nicht genügen, privat der Meinung zu sein, dass Frauen gleichberechtigt sein sollen oder dass es falsch ist, wenn die Schere zwischen Arm und Reich auseinander geht, sondern ich argumentiere, weil ich erreichen will, dass andere das ebenso sehen.

      Es wäre aber mal interessant, darüber nachzudenken, was diese Art von Überzeugung unterscheidet von bloßen Vorlieben, wie etwa, dass Rot eine schöne Farbe ist oder Lost eine gute Serie – also zu Sachen, bei denen mir völlig egal ist, ob andere das auch so sehen und ich niemanden überzeugen will. „Gott“ fällt für mich jedenfalls in die erste Kategorie, Religion als Vorliebe oder Folklore interessiert mich persönlich überhaupt nicht.

  2. hm, „wenn ich etwas richtig finde“.

    Ich muss nur von etwas zu überzeugen, wenn dies strittig ist. Gehen Sie tatsächlich zu Muslimen und versuchen die zu überzeugen? Wenn es jemandem auch ohne diesen Glauben gut geht – ist dann dieses Ausleben eines Beglücker-Instinktes nicht schon eine Form von Gewalt?

    Das Beispiel mit Gleichberechtigung hinkt übrigens derbe, es bezieht sich auf die aktuelle Welt, nicht auf irgend etwas jenseitiges. Dass die diesseitigen Vorstellungen einer Kirche, als offizielles Organ eines Glaubens, als für jederman beglückend wahrgenommen werden kann
    ist wohl unstrittig falsch.

    Final: Von einer Vorliebe muss ich niemanden überzeugen, vorlieben sind privat – und Glaube sollte das IMHO auch sein.

    1. @rhanar – Ich will normalerweise nicht Menschengruppen überzeugen, sondern einzelne Menschen, seien sie nun Muslime oder sonstwas, wenn ich anderer Ansicht bin als sie. Ich will sie auch nicht von einer ganzen Religion überzeugen – nach dem Motto „werdet Christen“ – sondern von bestimmten Inhalten, je nachdem, worüber wir gerade reden. Ich sehe nicht, was daran Gewalt sein soll, es ist ganz normaler politischer Diskurs.

      Allerdings bin ich auch der Meinung, dass religiöse Inhalte die aktuelle Welt betreffen, sonst wären sie ja vollkommen uninteressant, für mich jedenfalls.

  3. Wenn ich etwas richtig finde und davon überzeugt bin, dann teile ich das gern meiner Umwelt mit. Damit ist meine Botschaft in der Welt. Was nun andere Menschen damit anfangen, darauf habe ich keinen Einfluss. Jeder ist für seine Sicht der Dinge selbst verantwortlich. Ich habe gelernt, dass ich niemanden überzeugen kann, denn die Entscheidung, eine Sache auch so zu sehen wie ich liegt allein bei ihm und seiner Offenheit und dem Willen, meinen Standpunkt ebenfalls einzunehmen. Demzufolge ist es ein Irrtum anzunehmen, man könne andere Menschen von etwas überzeugen. Denn das wäre gleichbedeutend damit, andere Menschen ändern zu können. Das geht aber definitiv nicht. Ändern kann man nur an sich selbst etwas.

    1. @Suedelbien – Wenn ich in einer Debatte ein Argument bringe und jemand anderes überzeugt das und sie ändert darauf hin ihre bisherige Meinung, dann habe ich sie doch überzeugt, oder? Natürlich ist es ihre eigene Entscheidung, aber ich bin doch daran nicht unbeteiligt? Funktioniert natürlich genauso auch andersrum.

  4. Kann es denn Debatten über Glauben geben? Ist das nicht wie Streiten über Geschmack? Könnte ich Glaube mit Argumenten belegen, wäre es kein Glaube mehr. Glaube ich.

    1. @rhanar – Naja, Leute, die einen gemeinsamen „Glauben“ teilen, können darüber schon debattieren. Aber ansonsten habe ich ja in dem Post oben geschrieben, dass die Debatten nicht beim „glauben“ beginnen, sondern beim Handeln, das daraus folgt. Und dann müssen die Argumente dazu zu den jeweiligen Beteiligten an der Diskussion passen. Wenn ich mit einer anderen Christin debattiere, kann ich Bibelzitate anbringen. Wenn ich mit einer Atheistin debattiere, wird das kaum ziehen, dann muss ich natürlich andere Argumente finden. Aber meine Position kann ja trotzdem von „Gott“ inspiriert sein. Zum Beispiel „glaube“ ich, dass man andere Menschen unter keinen Umständen töten darf, weil das eines der zehn Gebote ist. Aber wenn ich mich dann in einem konkreten Fall gegen das Töten ausspreche, kann ich dafür ja trotzdem andere Argumente finden, die geeignet sind, mein Gegenüber zum Nachdenken zu bringen.

  5. @Antje: Das Argument in der Debatte hast du in den Raum gestellt. Das ist deine Handlung. Wenn das jemand anderen dazu bringt, seine/ihre Meinung zu ändern, dann ist das ganz allein seine/ihre Entscheidung. Deine Beteiligung ist einfach die, eine Botschaft in die Welt gesetzt zu haben. Insofern bist du nicht unbeteiligt an der Änderung der Meinung des anderen, aber es liegt nicht in deinem Einflussbereich. Wenn es so wäre, dann könnten ja alle Menschen, die gute, logische, menschliche Einstellungen und Überzeugungen haben, diese beliebig vielen anderen Menschen nahe bringen. Aber du brauchst dir ja nur die Maskulistenszene anzusehen um zu wissen, dass bei denen die allerschönste beste mitmenschlichste feministische Botschaft niemals zu einer Meinungsänderung führt.

  6. Ich wollte nur darauf aufmerksam machen, dass „jemanden überzeugen“ suggeriert, man könne dies aktiv tun. Kann man aber nicht. Es bleibt abhängig von der Entscheidung des/derjenigen, der/die überzeugt werden soll. Er/sie muss bereit sein, sich überzeugen zu lassen. Nur dann funktioniert es 😉

  7. Au, da würde ich die Begriffe nochmals anders auseinanderhalten und zusammensetzen.
    Das „aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit verfolgt wurden“ ist zwar tatsächlich schief. Die reine Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft war tatsächlich im Allgemeinen kein Grund. Wichtige Ausnahme: Zeugen Jehovas. Und schrecklicher Sonderfall: Juden. Da wurde es ja, wie bekannt, rassistisch begründet; und man konnte dem ganzen einen wissenschaftlichen Anstrich geben – Stichwort: Sozialdarwinismus. Dabei war aber die Religionszugehörigkeit (Kirchenbucheinträge!) ein wichtiges Indiz für die rassistische Verfolgung. Und in der Propaganda wurde sowieso alles vermischt.
    Das „aufgrund“ ihrer Religionszugehörigkeit… sollte man wohl eher verstehen als „im Zusammenhang mit“… Denn auf kirchlich Beschäftigte und freiwillig kirchlich Engagierte hatten die Nazis ein besonderes Augenmerk. Auf die „normalen“ Kirchenmitglieder natürlich nicht. Aber wer Karriere machen wollte, verzichtete u.U. auf kirchliche Amtshandlungen oder trat gar aus der Kirche aus. Deshalb dann die entsprechende Fragen bei der Entnazifizierung.
    Ja, und der „Glaube“? Auf die bloßen gedanklichen Vorstellungen (über Gott und Jenseits …) lässt sich kein Glaube zusammenstreichen (und das in Gegensatz zum Tun setzen). Sondern da gibt es, mit dem Glauben unmittelbar verknüpft, eigene Begründungen für moralische Grundsätze, Verhaltensmotivationen und in Diktaturen eben u.U. darum auch Loyalitätskonflikte. Die ganze Problematik könnte man an den inneren Widersprüchen folgender Partei-Erklärung ablesen: „Wir fordern die Freiheit aller religiösen Bekenntnisse im Staat, soweit sie nicht dessen Bestand gefährden oder gegen das Sittlichkeits- und Moralgefühl der germanischen Rasse verstoßen. Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christentums, ohne sich konfessionell an ein bestimmtes Bekenntnis zu binden.“ Und Hitler habe gesagt: “Ich kümmere mich nicht um Glaubenssätze, aber ich dulde auch nicht, dass ein Pfaffe sich um irdische Sachen kümmert” Ja, so wollte er Religion zur irrelevanten Privatsache erklären.
    Das zeigt: auch für die Nazis bedeutete der christliche Glaube ein gewisses Risiko, das nicht so leicht beherrschbar war. Sie versuchten, durch eine Mischung von Überrumpelung, Bestechung, Privilegien und vertragliche Bindung, auch durch Drohung, Einschüchterung und Spott dem beizukommen. Die Geschichten dürften ja bekannt sein.

    Nun, die jenseitigen oder innerlichen Gedankenspiele, Gedankensysteme, Vorstellungen, dogmatische Glaubenssätze sind wohl in vielen Glaubensformen mit dabei. So isoliert wären sie tatsächlich unkontrollierbar und darum „frei“. Aber wenn selbst die Nazis spürten, dass die Beschränkung darauf so leicht nicht funktioniert , könnte man vielleicht doch dran denken, dass die mit diesen Vorstellungen verknüpften Verhaltensmotivationen und Loyalitätsentscheidungen die Kehrseite DERSELBEN Medaille sind – dass sie nicht beliebig zum Glauben hinzutreten, sondern mit den Kern des Glaubens ausmachen.
    Es ist wohl immer wieder nötig, den Begriff des Glaubens aus der Engführung herauszuholen, in der nur nach Glaubensvorstellungen, Gedankensystemen gefragt wird. Oder gar nur miss-verstanden wird als “für wahr halten“. Glauben ist eben zumindest auch eine Verhaltensmotivation – insofern auch mit Rückwirkungen auf die Gesellschaft.
    P.S. Und während ich hier dran formulierte, habe ich die vielen interessanten Äußerungen dieses Abends nicht verfolgt. Schade.

  8. Debatte unter Glaubensgleichen ist ja keine Mission und Mission war Ausgangspunkt meines Gedankenganges. Argumente gegenüber Andersgläubigen müssten dann schon allgemeingültige, nicht in Glaubensritualen verhaftete sein, damit wäre es eine Argumentation gegen Glaubensinhalte – und zwar nicht mit anderen Glaubensinhalten. Es tut mir leid, ich sehe keinen Ausweg aus der Unglaubensverfolgung aka Missionierung.

  9. @Antje, da würde es mich interessieren, wie dein Missionieren bei den Glaubensgleichen ankommt. Ich hatte bis vor kurzem eine Freundin, die in die Freikirche eingetreten ist und zuletzt versuchte, mich zu missionieren mit dem Ergebnis, dass daran die Freundschaft zerbrach…

    1. @Suedelbien – ich missioniere ja nicht für eine komplette Religion oder Konfession, sondern für Inhalte. Derzeit missioniere ich meine Glaubensgeschwister in der Hinsicht, dass ich sie versuche, davon zu überzeugen, dass Gott nicht allmächtig ist. In der Hinsicht missioniere ich aber nicht nur Christinnen, sondern auch Muslimas, Jüdinnen, alle halt, die an einen Gott glauben. Atheistinnen hingegen brauche ich mit dieser These logischerweise nicht kommen.

      Jemanden hingegen zu einer Religion oder Konfession zu missionieren, halte ich für Quatsch, denn es gibt zum Beispiel Muslimas, mit denen ich insgesamt viel ähnlichere Ansichten teile als mit so manchem Christen. Von daher, zu sagen „ich bin Christ“ sagt inhaltlich ja noch nicht so viel aus. Deshalb sind so fragen wie: Welche Religion ist besser oder schlechter auch so Unfug, weil keine Religion auch nur entfernt einheitlich ist.

      (Sekten, Fundamentalisten oder auch manche Freikirchen können diese Uneindeutigkeit ihrer Religion meist nicht ertragen und gründen dann eigene Zirkel, in denen nur „das Richtige“ geglaubt wird, das ist aber unsouverän (sie sind sich ihres Glaubens meist überhaupt nicht sicher) und kommt schnell an einen Punkt, wo man den Verstand ausschalten muss und sie die Leute nur noch mit sozialem Druck zusammenhalten. Wenn so jemand versucht, eine zu missionieren, ist das natürlich eher unangenehm.)

  10. Bekenntnis: Ohne ein Erkennen, wer ich bin und wohin ich gehöre, ist ein Bekennen Makulatur.
    Zeugnis abgeben: Verantwortung übernehmen für mich, meine Handlungen und das, was ich meinen Mitmenschen antue (im Guten wie im Schlechten).
    Souveränes Gutes: Nur ein Teil von Gott.
    Gottes Schwäche: Das Menschsein.
    Schwäche gleich Stärke: Selbsterfahrung Gottes im Menschsein.
    Trost.

  11. Es stimmt zwar, dass man nicht für etwas verfolgt werden kann, das man nur glaubt. Nur glaube ich, dass sich für jeden Menschen, der konsequent lebt, Handlungen aus seinem Glauben ergeben werden. Für mich ist Glaube ein Vertrauen in eine Überzeugung, die die Grundsätze meines Handelns bestimmt. Wenn ich an die Dogmen und Rituale einer bestimmten Religion glaube, dann werde ich sie auch befolgen – je nach dem konkreten Inhalt meines Glaubens, werde ich in die Kirche gehen, ein Kopftuch tragen oder mich für Beschneidung einsetzen etc. Somit kann man aus meiner Sicht Diskriminierung wegen eines Glaubens und Diskriminierung wegen einer Handlung, die sich aus einem Glauben ergibt, nicht so einfach trennen.
    Aber – und da stimme ich dir zu. Ich kann natürlich fragen, was ist der Kern meines Glaubens. Ist es wirklich so wichtig, dass ich meinen Sohn beschneiden lasse. Ist es wirklich so wichtig, ein Kopftuch zu tragen. Wenn es mein Umfeld stört – vielleicht kann ich es einfach weglassen und es berührt meinen Glauben nicht wirklich. Doch diese Frage kann nur der einzelne beantworten. Wann der Kern des Glaubens berührt wird und welche Handlungen notwendig sind, um den Glauben zu leben – wie kann das von außen beurteilt werden?

    1. @Christiane – Ja, genau. Und ich kann fragen: Wie wichtig ist es mir, wieviel Ärger bin ich bereit, mir dafür einzuhandeln? Da wird es dann auch spannend. Ich finde, Glaube ist keine bloße Privatsache, sondern betrifft die Welt. Wenn ich aus dem Glauben heraus etwas für wichtig und richtig halte, dann entsteht daraus für mich auch die Notwendigkeit, mich in der Welt dafür einzusetzen und das den anderen zu vermitteln. Auch auf das Risiko hin, dass ich mich damit nicht durchsetze. Das Ausweichen auf „Glaubensfreiheit“ (im Sinne von: Lasst mir doch meine privaten Symbolakte) befriedigt mich überhaupt nicht. Ich will mich mit meinen aus dem Glauben hervorgegangen Überzeugungen in die weltlichen Debatten begeben, eine auch für Säkulare verständliche Sprache finden usw. Ansonsten steht der Glaube doch in Gefahr, zu bloßer Privatfolklore zu werden.
      Wobei ich mir aber durchaus darüber bewusst bin, dass das möglicherweise eine speziell christliche, vielleicht sogar protestantische Sichtweise ist. Ich fände es aber spannend, darüber mit anderen Religionen, deren starke Betonung von äußerlichen Symbolen ich oft nicht nachvollziehen kann, ins Gespräch zu kommen.

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