Kirche ohne Christus

Alle reden von „Christsein ohne Kirche“, ich glaube, ich muss mal einen Essay schreiben mit dem Titel „Kirche ohne Christus“.

Das meine ich nicht als Witz, sondern (zumindest semi)-ernst.

(PS: Die Idee entstand bei einem feministischen Treffen kürzlich, wo viele Anwesende den Verfall der Kirchen und ihren schwindenden Bedeutungsverlust beklagt haben. Weil die Gesellschaft „Gemeinden“ braucht und es schade ist, wenn die wegbrechen. Eine brachte das dann so auf den Punkt: Wir sollten die Kirchen erhalten, nur das Christentum müsste da raus. Es war, wie oft bei Debatten, die zu neuen Erkenntnissen führen, ein spontaner Halbsatz, der nicht so vollständig ernst gemeint war, aber einen sehr wahren Kern enthält.)

Je länger mir der Satz im Kopf herumgeht – wir sollten die Kirchen erhalten, aber das Christentum rausschmeißen – desto wahrer finde ich ihn. Und zwar nicht nur von einer gesellschaftlichen Außenperspektive her, nach dem Motto: Gemeinden sind etwas Gutes, denn sie organisieren Treffpunkte, gegenseitige Hilfe, nicht kommerzialisiertes Sozialleben usw., schade nur, dass sie auf die Marke „Christentum“ eingeschweißt sind und damit gut die Hälfte der Bevölkerung ausschließen.

Sondern es kommt mir auch von der christlich-/kirchlichen Binnenperspektive her richtig vor: Denn der Verweis auf „Christus“ oder „das Evangelium“ ist inzwischen der hauptsächliche kommunikative Move, um notwendige Debatten zu beenden, Einwände in die Schranken zu weisen, sich um klare Aussagen zu drücken usw. Außerdem ist der Bezug auf „Christus“ missionarisch vollkommen untauglich geworden, weil von dem Moment, wo das Wort fällt, ohnehin niemand Externes mehr versteht, worum es geht. „Christus“ ist inzwischen ein symbolischer Verweis darauf, dass man es jetzt mit einem exklusiven inner Circle zu tun hat, dass nun die Eingeweihten sprechen und alle anderen sich bitte dumm vorkommen sollen.

Ich habe nichts gegen die Inhalte von Jesu Botschaft, ich habe nichts gegen „das Evangelium“, und ich habe auch nichts gegen den Christusglauben der frühen Anhänger*innen der Jesusbewegung.

Aber wenn das alles heute noch eine Relevanz haben soll: Sagen Sie es bitte in Ihren eigenen Worten. Beziehungsweise in Worten, die normale Menschen gebrauchen und verstehen und nicht in Worten, die keine Inhalte mehr transportieren außer: „Achtung, Sie verlassen den allgemeinverständlichen kommunikativen Sektor“.

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