Neulich war ich dabei, wie ein Freund, der Kirche und Religion nicht nahesteht, aber weiß, dass ich es tue, eine Radiosendung zur aktuellen EKD-Mitgliederstudie gehört hat. Darin wurde ein Kirchenmann interviewt, der betonte, die Studie habe ergeben, dass religiöses Wissen nur innerhalb von Familien weitergegeben wird, dass sich der Glauben nicht verankert, wenn man ihn nicht von klein auf lernt, und dass deshalb die Kirche jetzt alle ihre Ressourcen in die Förderung von Familien stecken müsste.
Die Reaktion meines Freundes auf dieses Interview war so treffend, dass ich sie euch hier nicht vorenthalten möchte: „Das hört sich so an, als wäre eure Religion so was ähnliches wie das Große Latinum, wer das nicht von klein auf eingebläut bekommt, wird es nie lernen, und außerdem ist es offenbar so langweilig, dass es kein Mensch freiwillig machen würde.“
Tja. Genau so ist es. Diese Art von Kommentaren zur Mitgliedschaftsstudie sind eine wahre Bankrotterklärung.
Nichts gegen das große Latinum. (Habe ich nicht, hätte ich manchmal gern; ich stoße als Amateurhistoriker allzu oft an die Grenzen meiner Lateinkenntnisse oder bin buchstäblich mit meinem Latein am Ende. 😉 )
Aber er hat recht: Wenn „Religion“ als ein Regelwerk gesehen wird, das möglichst früh eingeübt werden muss, dann kann von „lebendiger Religion“ keine Rede sein, dann geht es in der Tat nur um Autorität, vermittelt über Indoktrination im Kinderalter!
Ich habe das große Latinum freiwillig gemacht, auch wenn es bisweilen langweilig war; hatte damals sogar die Schule gewechselt, um in den Leistungskurs zu können. Obwohl wir einen Lehrer hatten, der den meisten den Spaß ausgetrieben hatte. Hängt zum Glück nicht immer von der Vermittlung ab – selbiges gilt für „Religion“.
Wenn ich das wörtlich nehmen würde, hieße das für mich, dass ich niemals dazu gehören darf. Weil ich sozusagen nicht das richtige Blut in meinen Adern habe. Dann darf ich nicht in den Glaubensadel einheiraten. Pffff….
PS…und dabe fange ich doch gerade an, mich mit all dem zu beschäftigen. ich werde es mir deshalb nicht allzusehr zu Herzen nehmen, was dieser Kirchenmann gesagt hat…Ich habe ja zum Glück – hier im Netz – zuerst andere – für mich – Autoritäten gefunden (Antje Schrupp und Matthias Jung)
@onlinemeier Viele Kirchengemeinden (zumindest in Berlin und Brandenburg) bieten Glaubenskurse für Erwachsene an; ergebnisoffen, egal mit welchen Hintergrund man kommt. Vielleicht hilft das weiter? 😉
@sndrsch: Danke, das ist ein guter Rat ^_^
Habe letztens einen Gottesdienst begleitet, den eine Pastorin abgehalten hat, die erst mit 50 anfing, Theologie zu studieren. Und ich fing auch erst mit 51 an, eine C-Kirchenmusikausbildung zu beginnen, die mich der Theologie ein ganzes Stück näher gebracht hat. Und ey, wir sind „nur“ ehrenamtlich. Der Kirchenheini, der solche Kommentare verfasst, hat ja anscheinend nicht das Geringste begriffen, sitzt aber in einer Position, in der er seinen Müll verlautbaren darf. Wie überall.
Nein, so auch nicht. Der Kommentar des Freundes will vielleicht eine Bankrotterklärung provozieren. Aber das doch nur, weil ihm nur dieser Vergleich mit schulischem Letnen eingefallen ist.
Hätte er mit Musik, Sport, Liebe zu Natur oder Kunst verglichen, wäre er möglicher
weise auf den Gedanken gekommen, dass auch hierfür frühe Einübung in der Familie ganz sinnvoll ist.
Wenn es so wäre, wäre ich nie Pfarrer geworden. Punkt. Noch Fragen?
Dann hätten die Menschen in den östlichen Ländern ja wenig bis gar keine Chancen !!!!
Und wir brauchten nicht an „ANDERNORTS“ zu gehen, wo viele, viele Menschen gern ein „paar Vokabeln“ aufschnappen. Mit Freude, mit Fragen…
Hmm…. nee, glaub ich nicht. Mir wurde es in der Kindheit eingebleut, aber ich habe trotzdem die Kurve gekriegt, während ich durchaus religiöse Menschen kenne, die gegen ihr Elternhaus religiös wurden…
Was spricht dagegen, aus der EKD-Mitgliederstudie als ein(!) Ergebnis festzuhalten, dass Glaube im Kindesalter verankert wird und dieses idealerweise in der Familie passiert? Und wozu wäre denn die Kinder- und Jugendarbeit gut, die mit großem Aufwand in Kirchengemeinden betrieben wird? Gründe sich zu bekennen gibt es viele, Zeitpunkte auch.
@Stephan Lasch: hm, dann bräuchte man jetzt mal einen Link zu dieser Radiosendung, um sich das anzuhören, ob es dabei um „ein (!) Ergebnis“ ging oder darum, „dass die Studie habe ergeben, dass religiöses Wissen nur innerhalb von Familien weitergegeben wird, dass sich der Glauben nicht verankert, wenn man ihn nicht von klein auf lernt,“
@H. Aichele: das ist ein interessanter Vergleich. Was ich Sie dann jedoch fragen möchte, ist, ob aus Ihrer Sicht Glaube etwas zu tun hat mit Meisterschaft, Wettkampf und Medaillen bspw.?
„Kann man Glaube in der Schule lernen?“ habe ich mich gefragt und hier drüber geschrieben: http://www.jacquelinemeier.wordpress.com. Freue mich über weitere Ansichten und Anregungen!