Die Unverfügbarkeit des Lebens

Ich monitore gerade Texte zum Thema Sterbehilfe, und dabei fällt mir auf, dass von christlicher Seite als Argument gegen eine Freigabe von Sterbehilfe immer wieder die Unverfügbarkeit des Lebens ins Feld geführt wird (zum Beispiel hier). Ich bin auch der Ansicht, dass es gute Gründe dafür gibt, einen allzu lockeren und nur auf das Prinzip Freiwilligkeit abhebenden Umgang mit Sterbehilfe problematisch zu sehen (darüber schrieb ich hier), aber der Verweis auf die Unverfügbarkeit des Lebens ist dafür überhaupt kein gutes Argument, ganz im Gegenteil.

Die christliche (religiöse) Überzeugung, dass das Leben unverfügbar ist und in Gottes Hand liegt, verweist nicht etwa auf eine moralische Norm (im Sinne von: Du sollst nicht über das Leben verfügen), sondern auf eine Tatsache (im Sinne von: Ganz egal, was du tust, du kannst nicht über das Leben verfügen).

Aus der Tatsache des Unverfügbaren, auf die der christliche Glaube eine Antwort ist, eine Forderung zu machen, ist aus verschiedenen Gründen problematisch.

Erstens setzt man sich selbst damit an die Stelle Gottes. Denn da nicht mal die Amish der Ansicht sind, dass Menschen überhaupt über gar nichts verfügen dürfen, muss immer irgendwo eine Grenze gezogen werden zwischen dem, was noch erlaubt ist, und was verboten. Was man medizinisch machen darf und was nicht. Bekanntlich sind die Grenzen volatil. Die Kirchen in der frühen Neuzeit zogen sie woanders als die Kirchen heute, und die Zeugen Jehovas ziehen sie bis heute bei der Bluttransfusion, konservative Christen bei der Abtreibung, progressivere erst bei der Sterbehilfe.

Der schwerwiegendere Einwand ist aber, dass der moralische Appell „Du sollst nicht über das Leben verfügen“ logisch die Unverfügbarkeit selber aushebelt. Es ist nämlich nur nötig, etwas zu verbieten, wenn es prinzipiell möglich ist. Wenn man mir also verbieten will, über das Leben zu verfügen, dann heißt das im Umkehrschluss, dass ich es es durchaus könnte, dass das Leben also in Wahrheit doch verfügbar ist.

Gott als „Leerstelle des Unverfügbaren“ zu ehren bedeutet im Gegenteil, zu verstehen, dass ganz egal was ich tue und was wir erfinden und was medizinisch irgendwann auch noch möglich sein wird – wir letzten Endes trotzdem nicht über das Leben verfügen. Wir bleiben ausgeliefert, wir bleiben verletzlich, sterblich, leidanfällig. Selbst wenn wir das letzte Atom der Welt auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt haben, wird das so sein.

Das heißt nicht, dass ausgehend von der Unverfügbarkeit des Lebens generell keine Argumente in die Sterbehilfe- oder Medizindebatte eingebracht werden können. Zum Beispiel kann man vor allzu viel Euphorie in dem Zusammenhang warnen. Und man kann einfordern, dass neben und zusätzlich zu allem medizinisch Machbaren noch etwas anderes Bedeutung hat und mehr Aufmerksamkeit verdienen würde als es derzeit bekommt. Und so weiter.

Aber der medizinische Fortschritt steht in keinster Weise in Konkurrenz zu Gottvertrauen, beides spielt schlicht auf ganz verschiedenen Ebenen. Und so wenig wie medizinischer Fortschritt ein Gegenbeweis gegen Gott ist, ebenso wenig ist der Verweis auf Gott und auf die Unverfügbarkeit des Lebens ein sinnvoller Einwand gegen medizinischen Fortschritt.

22 Kommentare zu „Die Unverfügbarkeit des Lebens

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  1. Als kürzlich die aktive Sterbehilfe für Kinder in Belgien (?) eingeführt wurde, sprach ein Arzt der Palliativmedizin eines Kinderhospizes in einem Interview davon, dass er es in seiner über dreißigjährigen Karriere einmal! erlebt hatte, dass ein Teenager geäußert habe, dass er Sterbehilfe wolle, wenn – und zwar nur wenn! – man seine Schmerzen nicht in den Griff bekäme. Man hat. Nur ist es teuer. Es braucht hochspezialisiertes Personal, entsprechend ausgerüstete Häuser, lange Liegezeiten – oft bis zum Tod. Sterbehilfe – in meinen Ohren ein unerträgliches Euphemismus – ist dagegen wirtschaftlich günstig. So sieht es aus.
    Und dann stelle ich mir als Christ schon die Frage, ob wir das Leben der Schwächsten, Ausgeliefertesten unter uns, nicht den falschen Mächten verfügbar machen. Vielleicht ist das Wort „Unverfügbar“ unbeholfen. Ich finde kein anderes.

    1. @hohesundtiefes – Ja, diese Argumentation hört man auch oft, und ich weiß nicht, wie verlässlich Studien, Interviews und so weiter dazu sind, aber ich finde diese pauschalen Standpunkte „als Christin“ immer etwas abgehoben. Jedenfalls kenne ich zahlreiche Menschen persönlich, die für die Möglichkeit der Sterbehilfe eintreten, ohne dass sie alle menschenfeindliche Monster wären, die nur dem Kapitalismus in die Hände arbeiten wollen. Diese Gefahren, die Sie schildern, sind natürlich real, aber ich glaube mit solchem prinzipiellen „Dagegensein“ werden wir als Christen nichts ausrichten. Weil die Leute uns dann zurecht vorwerfen, dass wir ihre Ängste nicht ernst nehmen. Und wenn ich ehrlich bin, würde ich für mich selber in einer entsprechenden Situation selbst nicht die Hand ins Feuer legen.

      Im Übrigen trifft das aber nicht meine Argumentation. Man kann mit guten „innerweltlichen“ Gründen dagegen argumentieren, „die Schwächsten“ den falschen Mächten auszuliefern. Aber das ist eine politische Auseinandersetzung. Gott kommt dabei insofern ins Spiel, dass wir das Vertrauen haben (und bestenfalls auch Verbreiten), dass selbst die Mächtigsten am Ende nichts gegen Gott ausrichten können. Aber wir können Gott nicht einfach mal so in dieser Debatte vor unseren Karren spannen. Es bleibt nämlich Gott vorbehalten, zu entscheiden, auf welcher Seite sie ist, und außerdem brauchen wir Gott nicht als Argument heranziehen, um für bessere Palliativmedizin, bessere Ausstattung von Carearbeit und so weiter einzutreten. Es ist vielleicht unsere Motivation, wir beziehen aus Gott Kraft usw., das schon.

      1. „pauschaler Standpunkt“ ? , „prinzipielles „Dagegensein““ ? – spanndend, wie eine Anfrage, ob in einer Diskussion nicht in erster Linie wirtschaftliche Kriterien greifen, mich gleich in eine bestimmte Schublade steckt…
        Mein Standpunkt (,den ich hier allerdings gar nicht erst formuliert habe, denn er würde bei weitem den Rahmen sprengen!) ist wohl von meinem christlichen Glauben motiviert, aber mit Sicherheit nicht pauschal oder prinzipiell.
        Gott instrumentalisieren zu wollen wäre mir ebenfalls fern, ebenso, wie über die Barmherzigkeit und Fürsorge zu schweigen, die gerade an den Rändern der menschlichen Existenz ein Gebot und Beispiel Jesu ist.

  2. @hohesundtiefes:
    Auch als nicht-Christin (was eigentlich nicht stimmt, denn ich wurde ja in christlicher Tradition,erzogen) bzw. als nicht-religiöser Mensch macht man sich solche Gedanken!

    @Antje:
    Ja, ich finde Deinen letzten Absatz, bezogen auf die Forderung nach besserer Palliativmedizin, Care-Arbeit usw. ganz genau zutreffend.
    Und auch, dass es ganz egal ist, ob man das aus religiöser oder nicht-religiöser Perspektive fordert.
    Was Du zur Unverfügbarkeit von Tod und Leben schreibst, finde ich gut nachvollziehbar.
    Wir können ja nur die Rahmenbedingungen ein wenig beeinflussen.
    Und das ist auch nicht neu, das haben Menschen auch schon früher gemacht, wie alle möglichen medizinischen und andere historische Dokumente belegen.
    Sie haben sowohl versucht, Leben zu retten und verlängern (und sind, wie auch heute noch, sehr oft daran gescheitert) als auch Leid zu verringern und das Sterben bzw. den Weg dorthin, zu begleiten, zu erleichtern und ggf. auch nachzuhelfen.
    Im Prinzip verändert sich ja nur das Werkzeug und die technischen Möglichkeiten, die Fragen, die damit im Zusammenhang stehen (was empfinden wir als schützenswert, lebenswert, erhaltenswert…) ethisch und moralisch, sind gleich schwierig geblieben.

    Forderungen (bzw. Einwände und Kritik) zum Thema Sterbehilfe aus religiöser Richtung haben in meinen Ohren tatsächlich manchmal eine gewisse „abgehobene“ Komponente, wenn sie auf Gottes Gebote oder Anweisungen verweisen, die wir Menschen nicht brechen dürfen.
    Als gäbe es eine Art „göttlicher Justiz“ die derjenigen überstellt ist, die wir Menschen untereinandern verabredet haben.
    In diesem Falle bin ich dann tatsächlich atheistisch im Sinne von „das kann niemand wissen bzw. nachweisen“ – und es spielt auch keine Rolle für das tägliche Miteinander, denn wir müssen ja, selbst für den Fall es gäbe eine übergeordnete „göttliche“ Justiz, unsere Angelegenheiten zwischenmenschlich regeln.
    Mir kommt es auch manchmal so vor, als bestünde eine Befürchtung von kirchlich-religiöser Seite, dass Menschen, liesse man sie diese Entscheidungen (alles rund um Leben und Sterben meine ich) ohne „Gott“ treffen, automatisch leichtfertiger, unmoralischer oder egoistischer vorgehen würden.

    Wie siehst Du das?

    1. @Sternenguckerin – Ja, das sehe ich genauso. „Als gäbe es eine Art “göttlicher Justiz” die derjenigen überstellt ist, die wir Menschen untereinander verabredet haben.“ – diese „göttliche Justiz“ gibt es meiner Ansicht nach, aber der Witz daran ist ja gerade, dass sie nicht für Menschen verfügbar ist, also kann sie auch nicht in Disputen unter Menschen als Argument ins Spiel gebracht werden. Höchstens kann sie eine Motivation für Menschen sein, sich selbst und ihre Gewissheiten in Frage zu stellen.

      1. Ok, dann erkenne ich hier möglicherweise tatsächlich so etwas wie eine Differenz 😉
        Zum einen zwischen unseren jeweiligen Ideen/Ansichten, zum anderen aber auch in Deiner eigenen Argumentation.
        Du hast an verschiedenen Stellen zur UVL geschrieben/gesagt, dass es Dir dabei genau nicht um etwas konkretes, mit Inhalten füllbarem geht. Du möchtest es nicht auf nicht-erklärbare (Natur-)Phänomene bezogen berschränkt wissen (dann hätten wir den Lückenfüller-Gott) und Du betonst auch, dass Du die UVL als etwas „ausserweltliches“ verstehst – und ich glaube, an der Stelle komme ich nicht richtig mit.
        Wir kennen die Grenzen unserer Welt ja gar nicht…

        Ich versuche tatsächlich, Deine Gottes-Vorstellung zu begreifen (weil ich sie so „un-göttlich“ finde wahrscheinlich ;-), aber vielleicht komme ich hier an eine Grenze, wo ich es nicht schaffe oder der Gedankenspagat zu groß wird?
        Wenn Du so etwas schreibst wie:
        „…diese “göttliche Justiz” gibt es meiner Ansicht nach, aber der Witz daran ist ja gerade, dass sie nicht für Menschen verfügbar ist…“
        Dann steht das für mich in einem Widerspruch zu dem, wie Du sonst die Unverfügbarkeit beschreibst. Wenn ich so etwas lese wie „göttliche Justiz“ dann impliziert das für mich, dass es auch so etwas wie „göttliche Strafe“ oder „Belohnung“ gibt – wogegen Du Dich, wenn ich Dich richtig verstanden habe, sonst immer wehrst, weil Dir das viel zu konkret und „weltlich“ ist.
        Wenn diese „göttliche Justiz“ dann ausserdem für uns unverfügbar ist – worin oder woran offenbart sie sich (Dir)?

        Natürlich unterliegen wir höheren Gesetzmässigkeiten als denjenigen, die wir uns für unsere zwischenmenschlichen Belange erarbeitet haben.
        Für mich sind diese „höheren“ Gesetze die Naturgesetze – allumfassend (also auch ausserhalb unserer menschlichen Erfahrungswelt vorhanden und gültig), aber dennoch „innerweltlich“.
        „Welt“ meint für mich das, was wir bisher vom Universum (oder vielleicht auch im Plural) erahnen, weil die Erde ja nur ein mikrokleines Pünktchen unter unzähligen anderen ist.
        Daher auch meine Schwierigkeit mit einem Begriff wie „ausserweltlich“.
        Ich kann mir davon irgendwie keine Vorstellung machen, weil mein Begriff von „Welt“ keine fassbare Grenzen hat.
        Dass so etwas „unverfügbares“ wie der Tod und das Leben eben einige der zentralen „höheren“ Gesetze sind, die sich unvorstellbar weit über das hinaus erstrecken, was uns zugänglich ist, zeigt dieser Link hier ganz schön, finde ich:
        http://www.dlr.de/desktopdefault.aspx/tabid-5089/8554_read-19494/
        Das ist extrem verkürzt, aber sehr treffend beschrieben, finde ich.
        Diese „nackten“ Tatsachen zeigen mir persönlich etwas riesiges „Unverfügbares“ (weil es jenseits dessen liegt, was ich voll begreifen kann, was einfach passiert, egal was wir tun, und egal ob wir es je verstehen werden), in welches ich mich gleichermassen eingebunden wie „unterworfen“ (aber nicht in einem negativen Sinn) fühle.
        Aus diesem Wissen, verbunden mit dem Gefühl des „Teil-von-etwas-grösserem-sein“, ist in mir z.B. ein starkes Bedürfnis erwachsen, zu versuchen, ein (wie auch immer man das dann inhaltlich füllt) „gutes“ Leben zu führen, freundlich zu Mit-Wesen und der Natur allgemein zu sein, um dieses Wunder „Leben“ nicht kaputt zu machen.
        Die Betonung liegt auf versuchen 😉

        Das sollte nicht vom eigentlich Posting ablenken, sorry, ich konnte es nicht kürzer fassen.
        Ein bisschen passt es vielleicht trotzdem, weil es auch um Leben und Sterben geht…

      2. @sternenguckerin – solche begriffe wie „Justiz“ sind natürlich nie ganz treffend, was ich damit meine ist, dass ich schon glaube, dass ich meine Handlungen nicht nur vor mir selbst und anderen Menschen oder dem Verlauf der Geschichte rechtfertigen muss, sondern auch vor Gott. Ohne dass ich ihren Willen hundertprozentig kennen kann. Das ist natürlich tricky, so wie wenn man in einem Land ist, wo man die Gesetze nicht kennt, aber trotzdem eingeknastet wird, wenn man sich nicht dran hält. Zum Glück bin ich evangelisch, da glauben wir nämlich, dass wir vor Gott schon gerechtfertigt sind. Vorausgesetzt, wir glauben dran 🙂

  3. @hohesundtiefes:
    Ich bezog mich übrigens auf das hier:
    „…Und dann stelle ich mir als Christ schon die Frage, ob wir das Leben der Schwächsten, Ausgeliefertesten unter uns, nicht den falschen Mächten verfügbar machen.“
    Sorry, das hatte ich vorhin vergessen dazu zu schreiben.

    1. …schon verstanden! 😉 Wir können sehr wohl aus den verschiedensten Grundüberzeugungen heraus zu den gleichen kritischen Rückfragen kommen. 🙂

  4. Gegen die Sterbehilfe ist theologisch einfach zu argumentieren mit: du sollst nicht töten!
    Schwierig finde ich wenn die gleichen Menschen, dann bei Krieg, Atomkraft und Umweltzerstörung ( also der Zerstörung der Lebensgrundlagen) nicht genauso dagegen sind.
    Vielleicht hilft es weiter, auch bei Sterbehilfe sich an die Argumentation Bonhoeffers zu erinnern. Er sagte sinngemäß, dass Tyrannenmord Mord ist, aber dass es dennoch Situationen gibt, in denen ein Mensch die Schuld dieses Mordes auf sich nehmen muß, um andere Menschen zu retten.
    Ich finde Sterbehilfe viel zu vielschichtig für eine einfache juristische Entscheidung, weil es m.E. Immer auf den einzelnen Fall ankommt. Die Gefahr der Legalisierung sehe ich vor allem darin, dass dann wirtschaftliche Gründe ein zu wichtiges Argument werden wird.
    Ich vermute, dass Menschen, die in ihrem Leben und Sterben respektvoll und liebevoll behandelt werden, wenig Gedanken mit Sterbehilfe verschwenden.
    Also wäre die Alternative schmerzfreiheit und Respekt.
    Und sich verabschieden von dem Wahn alles im Leben regeln zu können.

    1. @Bari:
      „Gegen die Sterbehilfe ist theologisch einfach zu argumentieren mit: du sollst nicht töten!“

      Genau das ist doch aber das Kernproblem der theologischen Argumentation!
      Es steht im Konflikt zum Wunsch eines Menschen, der sterben möchte, und das selbst nicht mehr tun kann, und daher die Hilfe eines anderen Menschen braucht.
      Diese Hilfe zu verwehren, sie unter Strafe zu stellen, ist genauso problematisch, wie das künstliche Verlängern eines Menschenlebens, wenn kein ausdrücklicher Wille dokumentiert, ob das gewünscht wird oder nicht.

      Zur Sterbehilfe wünsche ich mir, dass sie legalisiert wird, und dass das Thema viel breiter und umfassender in allen möglichen Bereichen diskutiert wird.
      Wir brauchen eine richtig gute Aufklärung darüber, was möglich ist und was nicht, es muss ganz und gar transparent sein.
      Und wir brauchen natürlich ein anderes Umgehen mit Tod und Krankheit in unserer Gesellschaft.
      Klar, wer eine tolle Familie und/oder Freunde hat, die Beistand leisten können in solchen schweren Zeiten oder in der Endphase des Lebens, der wird vielleicht in Frieden „gehen“ können ohne fremdes Zutun.
      Aber viele haben das nicht, viele sind allein, haben vielleicht weder Partner noch Kinder.
      Da kommen ganz andere Themen auf die Pflegenden und die Mediziner zu.
      Der persönliche und zwischenmenschliche Aspekt wird immer wichtiger werden, und dafür muss auch ausgebildet werden.
      Das ist auch bekannt, und es zeigen sich ja auch erste Bemühungen, auch wenn es noch viel zu wenig ist, und von der Über-Ökonomisierung des Gesundheitswesens erschwert wird.
      Da dieses aber zunehmend gesellschaftlich in Frage gestellt wird, traue ich mich, vorsichtig optimistisch zu sein.
      Z.B. gestaltet man Stationen in Krankenhäusern um, man versucht sie freundlicher zu machen, menschlicher.
      Interessanterweise betrifft das vorwiegend die Kreißsäle und die Palliativstationen.
      Also die Anfang,- und End-Stationen des Lebens 😉

      Die Angst vor wirtschaftlichem Druck oder die Angst, dass wir als Gesellschaft kostenintensive Patienten schneller loswerden können, halte ich für relativ unbegründet, da Beispiele aus anderen Ländern zeigen, dass eine Legalisierung eben keinen rapiden Anstieg an Sterbehilfe-Fällen nach sich gezogen hat.
      „Einfache juristische Lösungen“ wird es in diesem Bereich wohl nie geben…die Justiz ist ja kein autonomer Organismus der irgendwelche Gesetze erlässt, das geschieht immer im Verbung mit den jeweiligen Fachverbänden und Ethik-Räten.

      Manche Menschen (meine Schwiegermutter z.B.) haben auch Angst, dass zeitglich mit einer palliativen Diagnose die Sterbehilfe auf den Tisch kommen würde, nach dem Motto „bevor Sie sich dieser Tortur unterziehen, die ja eh nix bringt, empfehlen wir Ihnen diese freundliche Spritze hier …schlafen Sie gut“.
      Das wird es nicht geben, denn der Grundsatz des Schutzes des Lebens steht immer noch über jeder medizinischen Maßnahme, und daran wird auch fest gehalten.
      Das heisst, dass vor einer aktiven Sterbehilfe immer eine Behandlung, auch wenn sie palliativ ausgerichtet ist, erfolgen muss.
      Es wird nicht einfach einen Freifahrtschein geben.
      Die Medizin hat tatsächlich ein ähnliches Grundproblem wie die Theologie:
      Der Schutz des Lebens steht an oberster Stelle, und das hat diese Extreme in beide Richtungen zur Folge. Ein Frühchen kann heute leben, obwohl es ohne Hilfe nicht überlebensfähig wäre. Und ein todkranker Mensch darf nicht gehen, weil es gegen den Grundsatz des unbedingten Schutzes des Lebens verstößt.

    2. @Bari – über die Bedeutung des „du sollst“ in den Geboten nachzudenken, wäre auch mal spannend. Imho bedeutet es nicht „es ist absolut verboten“ oder „es ist moralisch total verwerflich“. Eher so etwas: um ein gutes Leben für alle zu erreichen ist es notwendig, dahin zu kommen. Der Verweis auf Bonhoeffer ist gut, danke

  5. @Antje:
    „…solche begriffe wie “Justiz” sind natürlich nie ganz treffend, was ich damit meine ist, dass ich schon glaube, dass ich meine Handlungen nicht nur vor mir selbst und anderen Menschen oder dem Verlauf der Geschichte rechtfertigen muss, sondern auch vor Gott. Ohne dass ich ihren Willen hundertprozentig kennen kann.“

    Lustig. Das klingt aber sehr konkret nach etwas/jemandem/einer Kraft, die einen tatsächlichen Willen hat, die mit etwas wie Bewusstsein über uns „richtet“ und „bewertet“ was wir tun.
    Aber wenn es/sie/er doch unverfügbar ist – wie „funktioniert“ dann dieses „vor Gott rechtfertigen“?
    Finde ich immer noch widersprüchlich zu Deinen bisherigen Beschreibungen des Göttlichen.

    Dein Beispiel mit der unbekannten Justiz in einem anderen Land, die für mich Gültigkeit hat, auch wenn ich sie nicht kenne, finde ich nicht ganz treffend als Verdeutlichung.
    Denn: Selbst wenn ich gegen das dortige Gesetz verstoße und dann dafür zur Rechenschaft gezogen werde, besteht zumindest die Möglichkeit (wenn man mich nicht gleich um die Ecke bringt oder ohne Prozess einknastet), dass man mir das Gesetz erklärt, welches ich gebrochen habe. Dieses Gesetz wurde von Menschen für Menschen gemacht, das kann ich dann, auch wenn ich es nicht verstehe oder aus meinem eigenen Rechtsverständnis nicht nachvollziehen kann, einordnen.
    Ein „göttliches Gesetz“ wie ein biblisches Gebot z.B. ist für mich immer noch ein menschliches, und ich sehe es auch ganz genau nicht als „Befehl“ den man zu befolgen hat, sondern als Richtschnur, als „Idealzustand“ den man als Ziel haben kann, um ein „gutes Leben“ daran zu orientieren.

    Sich vor etwas zu rechtfertigen, was unverfügbar ist – das finde ich kompliziert.
    Etwas, das unverfügbar ist, einen Willen zu geben – finde ich auch kompliziert.
    Das erinnert mich eher an teleologische Denk-Modelle, die dem Universum einen Sinn und Zweck, und manchmal auch noch dem Menschen eine besondere Aufgabe (die von Gott gegeben wurde…) usw. zuschreiben.
    Aber vielleicht mache ich einfach weiter irgendeinen Denkfehler oder kapiere es einfach nicht…
    Macht ja nix, vielleicht „klickt“ es irgendwann ja doch noch.
    😉

  6. @Bari: Ich finde das mit dem „Du sollst nicht töten“ nicht so klar. Nach meinem Wissen wäre die richtigere Übersetzung „Du sollst nicht morden.“, also nicht unrechtmäßig töten. Und wenn ich mir ansehe, an wie vielen Stellen im Alten Testament das Töten geduldet, gelobt oder sogar gefordert wird, dann ist doch deutlich, dass zumindest damals kein absolutes Tötungsverbot gemeint gewesen sein kann.
    Aus meiner Sicht lässt sich christliche Ethik eher allgemein vom Liebesgebot her begründen, aber genau das macht das in diesem Fall ja so schwierig, wenn Menschen aus welchen Gründen auch immer den Wunsch zu sterben haben. Manchmal übrigens auch, wenn sie gut gepflegt und medizinische versorgt werden, wie auf der Palliativstation auf der ich arbeite.
    @Antje: Ich stimme dir zu, wenn du die Rede von der Unverfügbarkeit des Lebens in diesem Zusammenhang infrage stellst.
    @Sternenguckerin: Für mich gibt es einen Unterschied, ob ich als Gesellschaft den Einsatz von Medizin mit Zustimmung der Betroffenen beschränke oder aktiv seinen Tod organisiere. Der Unterschied ist zugegebener Maßen ein gradueller, aber ich empfinde es schon als eine gewisse Zumutung an behandelnde Ärzte, wenn sie einen anderen Menschen das Leben nehmen sollen, und ich habe ein Unbehagen, wenn wir uns als Gesellschaft an den Ausweg „Töten“ gewöhnen. Vielleicht wäre die Schweizer Regelung einer geregelten Möglichkeit zur Beihilfe zum Suizid ein Ausweg, ich habe mal versucht, in meinem Blog darüber ausführlicher nachzudenken. Aber einen eindeutigen Königsweg gibt es für mich nicht. (Und ganz sicher sind Regelungen wie in den Niederlanden oder Belgien nicht der Untergang der Zivilisation wie uns manche weismachen wollten.)

  7. @h.paul:
    „Der Unterschied ist zugegebener Maßen ein gradueller, aber ich empfinde es schon als eine gewisse Zumutung an behandelnde Ärzte, wenn sie einen anderen Menschen das Leben nehmen sollen, und ich habe ein Unbehagen, wenn wir uns als Gesellschaft an den Ausweg “Töten” gewöhnen.“

    Ob man einen (ärztlich) unterstützten Freitod als „das Leben nehmen“ bezeichnen sollte, ist vielleicht eine ganz entscheidende Frage, die fast noch existenzieller ist als das „wie“.
    Die Frage nach dem wie – also lässt man „passiv“ (was faktisch aber eigentlich nicht stimmt weil es auch ein bewusster Akt ist) nach und nach medizinische Maßnahmen weg, die dann den Tod bedeuten, oder gibt man „aktiv“ ein Mittel welches den Tod herbei führt, bewegt sich eigentlich dennoch die ganze Zeit um dasselbe Thema herum:
    Jemand *will* den Tod.
    Nur fehlt ihm quasi die Möglichkeit, das selbst zu vollziehen – diesem Menschen *nimmt* man meiner Einschätzung nach nichts, sondern man hilft dabei, seinen Wunsch zu erfüllen – auf die hoffentlich „angenehmste“ Art und Weise die machbar ist oder erscheint.
    Daher ist es auch nicht notwendigerweise eine Zumutung, wenn ein Arzt so etwas unterstützen soll.
    Aber – niemand sollte dazu gedrängt werden, genauso wenig wie jemand der schwer krank ist, zu einem Freitod gedrängt werden sollte – denn dann ist es ja keiner mehr.
    Auch ich habe übrigens ein Unbehagen bei diesem Thema, ich glaube fast, das hat fast jeder.
    Aber das gute ist, dass man heute viel mehr darüber lesen und lernen kann, man kann sich austauschen und kann viel mehr Meinungen und Ideen dazu finden als noch vor 20 oder 30 Jahren.

  8. @Sternguckerin:
    Da haben wir uns missverstanden, ich glaube, ich habe mich da auch missverständlich ausgedrückt. Für mich ist die Beihilfe zum Suizid auch kein Leben nehmen, deshalb ja auch mein Hinweis auf die Schweizer Regelung. Da liegt für mich genau der Unterschied zur Tötung auf Verlangen. Die empfinde ich als Leben nehmen, auch wenn damit sicher nicht automatisch das Ende unserer Werte erreicht ist. Aber für mich ist die Grenze, dass der oder die Betreffende selbst den letzten Schritt tun muss, eine Wichtige, die Missbrauch zwar nicht unbedingt verhindert, aber doch schwieriger macht. Sorry, wenn ich dich da falsch verstanden habe.

    1. Danke für die Antwort!
      Macht doch nix, wir können ja reden 😉
      Ich versuch`s nochmal:
      Du schriebst:

      „Für mich ist die Beihilfe zum Suizid auch kein Leben nehmen, deshalb ja auch mein Hinweis auf die Schweizer Regelung. Da liegt für mich genau der Unterschied zur Tötung auf Verlangen.“

      Ok, ich habe jetzt nochmal auf der Dignitas-Seite gelesen, ich glaube ich weiss jetzt was Du mit „Tötung auf Verlangen meinst“.
      Also nicht,- ich nenne es mal Variante eins – der selbst durchgeführte Suizid, im „Idealfall“ (falls es sowas in diesem Zusammenhang überhaupt gibt…) begleitet, nach sorgfältiger Abwägung und unter Berücksichtigung aller Alternativen – sondern
      Variante 2: Das Verlangen, dass jemand anderes das Leben des nicht-mehr-lebenswilligen Menschen beenden soll = diesen tötet.

      Dass uns allgemein Variante 1 „leichter“ fällt, finde ich sehr nachvollziehbar – vielleicht, weil dabei die letzte Verantwortlichkeit bei dem Menschen bleibt, der sich selbst tötet.
      Das Unbehagen kommt vielleicht daher, dass wir, wenn wir mehr machen sollen als „nur“ die Mittel bereit stellen oder jemanden begleiten, wir bei Variante 2 auch selbst in die Verantwortung kommen und ggf. mit einer „Schuld“ leben müssen?
      Selbst wenn es rechtlich legal wäre und man (also die Mediziner/innen die dann aktiv werden dürften) keine juristische Schuld mehr auf sich lüde, so hätte man doch möglicherweise als Angehöriger noch sehr, sehr lange mit der emotionalen Schuld zu kämpfen, die an unsere (grundsätzlich ja sinnvolle) Ethik von „Du sollst nicht töten“ geknüpft ist, die auch nicht-gläubige oder nicht-religiöse Menschen prägt.
      Das wäre aber dennoch für mich kein Grund für ein generelles Verbot.
      Wir müssen uns vielleicht fragen, wessen Wunsch für uns schwerer wiegt:
      Der Wunsch des Menschen, der gehen will und dabei aktives Handeln braucht, oder unser eigener Wunsch danach, diese Verantwortung nicht tragen zu müssen…?

  9. Ich möchte kurz erzählen von der Beerdigung eines etwa 75jährigen medizinisch äußerst interessierten Laien, der an einem austherapierten Trigeminusschmerz litt. Dieser Schmerz tritt urplötzlich in wahnsinnger Intensität auf und „haut einen um“, egal wo man gerade ist: Im Konzert, beim Geburtstag, egal wo. Deswegen geht man auch nicht mehr hin. Er wollte so nicht mehr leben, schickte seine Frau zum Einkaufen und erhängte sich auf dem Dach.

    Was ich mir wünschen würde: Ein (gut bezahlten) medizinischen Fachmann für begleitetes Sterben.
    Den man unbefangen und tabufrei fragen kann, ob er einem helfen kann. Der als erstes kontrollieren kann, ob das wirklich stimmt, dass diese Schmerzen schon austherapiert sind oder ob es noch andere Möglichkeiten gibt.
    Der ein psychologischer Fachmann ist und mit dem man drüber sprechen kann, ob man sich nicht doch der Geburtstagsfeier beim Freund zumuten kann und den anderen Freunden. Ob das Leben mit diesem Schmerz nicht vielleicht doch erträglich wird, wenn andere (zugegeben in ganz anderer Intensität) diesen Schmerz mittragen.
    Der sich mit Sozialarbeit auskennt und seine sozialen Netzwerke aktivieren kann, wenn jemand nur aus Einsamkeit mit seinem tödlichen Wunsch zu ihm kommt.
    Der psychiatrisch versiert ist und beurteilen kann, ob nicht doch eine psychiatrische Notlage vorliegt, die entsprechend behandelbar ist, und der den Weg in eine gute Behandlung kennt.
    Der palliativ versiert ist und auf der medizinischen Höhe der Schmerztherapie.
    Der mediativ versiert ist und in der Lage ist, ein Gespräch mit den Angehörigen zu begleiten, ob sie nicht dankbar wären, wenn der Betreffende sich ihnen weiter zumuten würde, der sich angesichts seiner Probleme das inzwischen gar nicht mehr vorstellen kann und sich und seine Probleme den Angehörigen ersparen will.
    Und der dabei bleibt und niemanden im Stich lässt, wenn all dies leider ausscheiden muss und der Betreffende nachvollziehbar endgültig sterben möchte.
    Der ihm den einsamen Gang auf den Dachboden erspart und ein Setting herstellen kann, bei dem der Sterbewillige nicht menschenunwürdig und allein mit dem Strick um den Hals stirbt, sondern dem seine Angehörigen legal die Hand halten können beim letzten Atemzug ohne ein Verfahren wegen unterlassener Hilfeleistung belangt zu werden.
    Bei dem die Angehörigen vorher würdevoll Abschied und miteinander weinen und lachen können.
    Mit dem sich die Angehörigen unterhalten können, ob es wirklich keine Alternativen gibt.

    Damit nicht von der Situation völlig überforderte Angehörige Gewissensentscheidungen treffen müssen, die ihnen in ihrer Überlastung Entlastung verschaffen würden, die also in Ihrer Gewissensentscheidung auch eigennützig reagieren.
    Immerhin gestehen manche kirchliche Papiere der letzten Zeit wie die synodale Stellungnahme der EKiR von Januar 2014 (http://www.ekir.de/www/ueber-uns/beschluesse-17506.php – Beschluss 39 „Niemand nimmt sich gern das Leben“ – Theologische Orientierung zum Thema Suizid und zur seelsorglichen Begleitung) den Betroffenen und ihren Angehörigen eine solche Gewissensentscheidung in Einzelfällen zu.
    Aber an wen wendet man sich in seiner Not?
    Darf man seinen Hausarzt darauf ansprechen, wohl wissend, dass seine Ärzteschaft ihm verbietet, entsprechend zu helfen? Wohl wissend, dass ihn seine Hilfe den Job kosten kann, wenn sie an die Öffentlichkeit gerät?

    Wie vielen Betroffenen könnte anders geholfen werden, wenn sie wüssten, es gibt einen legalen und kompetenten Ansprechpartner, der juristisch abgesichert ist und über die sachlichen Kompetenzen verfügt, um ihnen helfen zu können.

    Bei diesen Kompetenzen ist mir unmittelbar klar, dass dies niemand im Ehrenamt machen kann. Oder jedenfalls nur dann, wenn er in seiner Existenz finanziell und juristisch auf andere Weise so abgesichert ist, dass er auch die nötige eigene Begleitung und Supervision gewährleisten kann. Und der legale Gesprächspartner hat, um sich im differenzierten Einzelfall beraten zu lassen. Und der die Zeit mitbringt, um vertrauensvolle Gespräche zu führen. Der die Zeit für so viele Gespräche hat, um sich seiner Sache so sicher zu sein, dass hinterher keine Schuldgefühle aufkommen, dass es vielleicht doch verkehrt war, jemanden bei dessen Tod zu begleiten. Der nicht enttäuscht ist, wenn dann jemand nach all dem vielen Aufwand doch lieber weiter leben möchte…

    Ich bin überzeugt: Eine solche Fachkraft könnte manchen vom Suizid bewahren. Auch so manchen Busfahrer oder Lokführer. Und so manches Mitglied im Rettungsdienst bei der Polizei oder eines Bestattungsinstituts, die mit den manchmal sehr brutalen Folgen von Suiziden konfrontiert werden.
    Gemessen an der Zahl der Suizide würde sie nur im einstelligen Prozentbereich tätig werden. Es geht um absolute Ausnahmen.
    Aber auch die Menschen hinter diesen seltenen Ausnahmen haben eine unveräußerliche Menschenwürde. Im Leben und im Sterben. Und die wird mit einer radikalen Ablehnung von Sterbehilfe mit Füßen getreten.

  10. @Jana Meier:
    In Anlehnung an die Frage: „Ist der Sabbat für den Menschen da oder der Mensch für den Sabbat“ möchte ich anmerken:

    Es kann doch hier nicht ums „Recht haben“ gehen. Für mich geht es darum, wie man so gut es geht beim Menschen sein kann.

    Das ist die eine Seite.
    Die andere Seite: Das menschliche Leben mag als unverfügbar gelten. Trotzdem machen wir mit in einer vielfach globalisierten Welt, wenn für unsere Güter Menschen von ihrem Land vertrieben werden, wenn Urwälder abgeholzt werden, wenn Menschen für Hungerlöhne unsere Waren und Kleider und Nahrungsmittel zusammenschrauben, nähen, ernten, bearbeiten. Wenn statt Lebensmitteln unsere Waffen eingekauft und benutzt werden. Und und und.

    Wir stecken in diesen Schuldverflechtungen so unendlich tief drin und können oft so wenig ausbrechen…
    Wann waren die Leserinnen und Leser hier zum letzten Mal in einem Altenheim? Wann haben sie sich die Zeit genommen, die es bräuchte, um einem Menschen das Leben in seiner letzten Lebensphase leichter zu machen?

    Ich behaupte: Es gibt Menschen, die würden mit ihrem Sterbewunsch freiwillig niemals zu einem Palliativmediziner gehen, weil sie ihm nicht zutrauen, dass er ihnen in ihrer Notlage helfen kann. Die fühlen sich einfach nur bevormundet.

    Diesen Menschen wünsche ich einen Gesprächspartner, der sie im Zweifel auch beim assistierten Suizid begleiten würde. Dem würden sie sich anvertrauen. Aber meine Forderung lautet: Dieser Gesprächspartner muss wissen, wie „palliativ“ geht. Er muss Einsamkeit erkennen und Hilfe vermitteln können. Er muss wissen, wann psychiatrische Hilfe statt „Giftspritze“ angebracht ist. Er muss sprechen können über die Angst, den Angehörigen zur Last zu fallen, und er muss sie mit ins Gespräch bringen können, damit sie dem „Lebensmüden“ sagen können, wie viel er ihnen bedeutet und wie viel sie gerne für ihn tun würden.

    All dass muss er ansprechen und vermitteln können. Und ich bin sicher: Es werden nicht viele übrig bleiben, die dann noch sterben wollen. Aber die sollen dann nicht unbegleitet sterben, nicht mit ungeeignete Methoden oder solchen, die sich oder anderen schaden können.

    Geht es darum, wer Recht hat?

    Es ist unendlich schwer, und es gibt für jede Richtung gute Argumente, manchmal auch weniger gute.

    Es geht um die Menschen, denen Gott zusagt, sie seien seine Ebenbilder.

    Darum lohnt es sich, genauer nachzudenken, was einen überzeugt, und was einen nicht überzeugt.

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